"Liebes, bösesTierchen"

Frida Uhl und ihre Liebesgeschichte mit August Strindberg

von Verena Mayer

Mein liebes, liebes Mutterl, beginnt im März 1893 der Brief einer 20 Jahre alten 

Wienerin, die kurz zuvor nach Berlin gegangen ist, um dort als Journalistin zu arbeiten. 

"Drei Heiratsanträge hab' ich am selben Tag gekriegt - es war zum Kranklachen . . . 

Einen hab' ich angenommen: 1. Weil ich ihn lieb' habe - nicht leidenschaftlich - aber von Herzen lieb. 2. Weil ich ihn unendlich bewunder u. verehre. 3. Weil er einen berühmten Namen hat u. eine glänzende pekuniäre Zukunft - obwohl momentan kein Vermögen vorhanden."

Der Mann, um den es geht, ist August Strindberg, "jetzt in alle Mund als neuester Stern", 

wie die junge Wienerin weiterschreibt. Zwei Monate später findet die Hochzeit statt. 

Schon im Jahr darauf wird sich das Paar wieder trennen. Frida Uhl taucht bei den 

Strindberg-Biographen meistens am Rande auf und auch dann nur im Korsett der Formulierungen, die der Dichter selbst gefunden hat. Gut kommt sie nicht weg. "Eine Emanzipierte" wird sie etwa in seinem autobiographischen Roman "Kloster" genannt, 

und nicht weniger gehässig heißt es: "Wenn man dies als Romanmotiv gestaltete, so 

würde der Leser das Buch wegwerfen und sagen: 'Nein, das ist zu dick aufgetragen! 

Und als Farce nicht amüsant genug!' "

Dabei war Frida Uhl eine durchaus angesehene Figur, besonders im Berlin ihrer Tage, 

keine Berühmtheit zwar, aber doch so etwas wie eine Prominente und "gekannt wie ein falsches Stück Geld", wie sie selbst nicht ohne Ironie vermerkt. An der Seite der 

namhaften Kritiker besuchte sie die großen Berliner Uraufführungen und berichtete 

darüber für die "Wiener Zeitung", an ihren Artikeln über französische und skandinavische Literatur wusste sogar Strindberg einen "Stil voll Geist und Farbe" zu loben. Und nicht 

zuletzt war es Frida Uhls österreichisches Umfeld, das in Strindbergs Werk einen zwar 

äußerst ambivalenten, aber doch bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Seine Schwiegermutter besucht er noch, als er zu seiner Frau schon keinen Kontakt mehr hat.

Sonnenaufgang durch Spiritus

Strindbergs kürzeste Ehe nimmt ihren Anfang in Berlin. Dort wohnt er ab Februar 1893 in einem Hotel Unter den Linden, um die Ecke findet er seine Stammkneipe, eine Weinstube, 

die er "Zum Schwarzen Ferkel" tauft. 900 verschiedene Schnäpse werden dort 

ausgeschenkt, selbst "das Fenster wurde von Flaschen derartig blockiert, dass der Sonnenaufgang nur durch den Spiritus wahrgenommen werden konnte", wie ein Freund Strindbergs schrieb. Strindberg wird dort im Kreis von Leuten wie Edvard Munch oder 

Knut Hamsun oft gesehen, so oft jedenfalls, dass Frida Uhl ihrer Mutter später anvertraut, 

"er liebts ein bissel dem Fläschchen zuzusprechen . . . u. bummelte bis jetzt die Nächte durch".

Frida Uhl selbst ist keine 19 Jahre alt, als sie im Auftrag ihres Vaters nach Berlin zieht. Regierungsrat Friedrich Uhl ist zu dieser Zeit Chefredakteur der "Wiener Zeitung" und 

einer der angesehensten Theaterkritiker Wiens. Um ein Haar hätte er es zum Burgtheater-

Direktor gebracht. Frida Uhl wuchs auf, wie höhere Töchter in Wien seit jeher aufwachsen. 

Sie besuchte Klosterschulen und wurde in Internate nach Italien, Frankreich und England geschickt, um Sprachen zu lernen. Und als sie damit fertig war, verhalf ihr der Papa, 

einen Posten zu finden: Chefredakteur Uhl entsandte sie als Korrespondentin der "Wiener Zeitung" nach Berlin. Die ideale Stadt ist Berlin aber in den Augen des Regierungsrates keineswegs, er nennt die Luft "moralisch vergiftet" und befiehlt seiner Tochter abzureisen. Doch Frida Uhl denkt nicht daran. Die Wienerin, die es in ihrer Heimatstadt als die 

ehrgeizige und unverheiratete Frau, die sie war, sehr schwer gehabt hätte, hat in Berlin 

längst Fuß gefasst. Sie verbringt ihre Abende im Theater, umgibt sich mit Künstlern und Mäzenen, wird von einem Empfang zum nächsten weitergereicht.

Nach der Uraufführung von Hermann Sudermanns "Heimat" ist sie im Jänner 1893 zu 

einer Abendgesellschaft eingeladen und kommt dort mit August Strindberg ins Gespräch. 

"Ich kann ihn mir nur als Treibwild vorstellen, aber nicht als Jäger", schreibt Frida Uhl 

später über die Begegnung. Ohne lange darüber nachzudenken, lädt sie Strindberg zum Abendessen in ihre kleine Wohnung ein, bald werden die beiden bei Spaziergängen oder 

im "Schwarzen Ferkel" miteinander gesehen. Und weil der Kreis der Österreicher in Berlin schon immer ein hervorragender Resonanzboden für Klatsch und Gerüchte aller Art war, 

fand sich alsbald in der "Deutschen Zeitung" ein Artikel, den wahrscheinlich Hermann 

Bahr verfasste: "August Strindberg begibt sich demnächst nach Wien, um der Aufführung seiner 'Gläubiger' beizuwohnen. Es dürfte die Wiener interessieren zu hören, dass sich Strindberg mit Fräulein Frida Uhl, der Tochter des Regierungsrates Friedrich Uhl, in Wien verlobt hat".

Friedrich Uhl ist Journalist und Wiener genug, um zu verstehen, dass Dementis erst einen richtigen Eklat verursachen würden. Über fünf Ecken lässt er Strindberg ausrichten, er 

solle nachträglich um die Hand seiner Tochter anhalten. Fridas Schwester Mitzi sieht die 

Beziehung pragmatisch. Das "war das unvermeidliche Resultat Deiner Beziehung zur modernen Literatur", schreibt sie an Frida Uhl. Strindbergs Berliner Liebe ist in zahlreichen Briefen dokumentiert. Er schreibt an sein "liebes Kindchen" oder sein "liebes, gutes, 

schönes, böses, kleines Ding", er werde sie "nicht fressen. Du musst Schrifsteller werden 

und unabhängig bleiben - ist es so recht? Du hast ein Körnchen von einem Mann in Dir 

und ich ein Tröpfchen von einem Weib. Das macht ein schönes tolles Paar, nicht?" 

Unterzeichnet sind die Briefe mit "Dein toller August!" oder "Dein himmlischer Gatte 

August", dazwischen finden sich manch pennälerhafte Passagen. Frida Uhl antwortet dem "lieben Freund" stets mit der schwärmerischen Scheu eines wohlerzogenen Mädchens und bittet im P.S. um "Verzeihung für den Tintenklecks".

Geheiratet wird im Mai auf Helgoland. Eine "Strindberg'sche Ehe" ist Strindbergs Ehe zu 

dieser Zeit nicht. Erst als Frida beginnt, sich um die Geschäfte des Dichters zu kümmern 

und bei Theatern in London als seine Agentin auftritt, gibt es erste Auseinandersetzungen. Denn Frida weiß recht gut, wonach der Markt verlangt. Als ihr später einmal eine 

Journalistengattin raten wird, Strindbergs höchst umstrittenes "Plädoyer eines Irren" doch gleich an den Staatsanwalt zu schicken, um durch einen Skandal den Verkauf anzukurbeln, stößt sie damit bei Frida auf Interesse. Mit dieser eigentlich sehr rührenden Art von Ehefrauenehrgeiz kann Strindberg aber nur schlecht umgehen, seine ständigen 

Geldsorgen tun das Übrige: Im Spätsommer kommt es zu einer ersten räumlichen 

Trennung.

Besuch bei Schwiegereltern

Während Frida allein in London zurückbleibt, fährt Strindberg zu seinen österreichischen Schwiegereltern nach Mondsee. Es sind beklemmende Ferien. Strindberg rettet sich in Gespräche, wie man sie in solchen Situationen mit Schwiegereltern eben führt: Er lässt 

sich erzählen, wie das war, als seine Ehefrau ein Kind war. "Liebes, böses Tierchen", <